Als Normalbürger beschäftigt man sich leider wohl nicht oft genug mit den rechtlichen Grundlagen seines Lebens1, und so hab ich erst durch Astrodicticum simplex erfahren, daß die Bayerische Verfassung im Art. 131 Abs. 2 folgende oberste Bildungsziele enthält:
Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt.
Beunruhigend daran finde ich einerseits die Rangfolge (Würde des Menschen erst auf Platz drei, Aufgeschlossenheit für alles Wahre auf dem vorletzten Platz) und andererseits, daß ein wirklich wichtiges Ziel ganz fehlt: den Schülern das Denken beizubringen.
Interessant ist natürlich auch die Fragestellung, wie man Schülern, die nicht an Gott2 glauben, zur Ehrfurcht vor ihm erziehen soll.
Nun könnte man sagen, das ist Bayern, da wundert einen eh nichts mehr. Aber ein Kommentar bei Astrodicticum simplex klärt uns auf, daß es vergleichbares auch in anderen Bundesländern gibt. Zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen (Art. 7), dort spricht man sogar noch klangvoller vom „vornehmsten Ziel“.
Deutlich tröstlicher sieht es in Brandenburg aus. Im Artikel 28 heißt es:
Erziehung und Bildung haben die Aufgabe, die Entwicklung der Persönlichkeit, selbständiges Denken und Handeln, Achtung vor der Würde, dem Glauben und den Überzeugungen anderer, Anerkennung der Demokratie und Freiheit, den Willen zu sozialer Gerechtigkeit, die Friedfertigkeit und Solidarität im Zusammenleben der Kulturen und Völker und die Verantwortung für Natur und Umwelt zu fördern.
Selbständiges Denken gleich auf Platz zwei, keine Ehrfurcht vor Gott, und die Achtung vor der Würde des anderen (im allgemeinen) vor Achtung vor dessen Religion – das klingt doch schon deutlich vernünftiger.
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