Ob das Unglück bei der Loveparade möglicherweise in der Unfähigkeit der Stadt Duisburg zur Organisation einer solchen Veranstaltung begründet war oder ob andere Schuld haben, muß noch geklärt werden. Eindeutig jedoch hat die Stadt nun ihre Inkompetenz in Sachen Öffentlichkeitsarbeit gezeigt.1
Die Stadt Duisburg hatte einen ersten Zwischenbericht von Anfang August veröffentlicht, der ein recht rosiges Bild zeichnet. Die zugehörigen Anlagen aber fehlen im PDF auf der Homepage der Stadt.
Das Duisburger Nachrichtenportal xtranews hatte sich mit der ganzen Angelegenheit umfangreich und kritisch (Wie konnten sie nur!) beschäftigt, und die unter Verschluß gehaltenen Anlagen veröffentlicht.
Dagegen hat nun die Stadt Duisburg auf Basis des Urheberrechts eine einstweilige Verfügung (kurzer Bericht im Rahmen eines Spendenaufrufs) erwirkt. Dazu Stefan Meiners auf xtranews:
Ebenso ist es kein Zufall, dass es ein „Urheberrechtsverstoß“ ist. Denn diese sind in aller Regel bei Rechtsschutzversicherungen ausgenommen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Wobei es schon interessant ist, für was die Stadt Duisburg Urheberrechte geltend macht: Öffentliche Protokolle aus öffentlichen Sitzungen, Schreiben Dritter wie der Polizei, etc. Aber das zu bewerten überlasse ich den Anwälten.
Ich frage mich (bzw. Herrn Sauerland und seine Berater), wie bescheuert man für so eine Aktion eigentlich sein muß. Die Verheimlichung der Anlagen verführt doch schon schon zu dem Eindruck, daß hier vielleicht etwas nicht ganz so in Ordnung ist. Dann mit so einem plumpen Angriff die Berichterstattung abzuwürgen bestätigt diesen Verdacht geradezu, und lässt einem das Vertrauen und die Herzen der Menschen doch geradezu zufliegen. Und selbst das eigentliche Ziel, die unerwünschte Information zu unterdrücken, wird erfahrungsgemäß nicht erreicht.
Gefunden habe ich das bei Udo Vetter (Law Blog) und Thomas Stadler (Internet-Law), die die Sache beide ziemlich ähnlich einschätzen: daß hier das Urheberrecht mißbraucht wird, gerade von jemandem, der sich als der große Aufklärer geriert hat. Thomas Stadler stellt sich „angesichts dieser Rechtsprechung zunächst die Frage, ob Köln das neue Hamburg ist“. Fazit von Udo Vetter:
Kurz gesagt: Im Angesicht von 21 Toten mit dem Urheberrecht zu kommen und sich den Mitteln von Sony Pictures und Bushido zu bedienen, das ist unterste Schublade. Es ist wünschen, dass dieser miese Schachzug der letzte ist, mit dem Adolf Sauerland von sich reden macht.
Netzpolitik.org hat auch dazu geschrieben und Links auf Kopien der Dateien (hier und hier) veröffentlicht.2 Und die sind nicht ganz uninteressant; dazu aber später vielleicht mehr.
Lest Euch bitte den Spendenaufruf von xtranews durch. Rechtsstreitigkeiten sind leider teuer, und so eine Schweinerei darf man doch nicht durchgehen lassen.
- In den ersten Tagen konnte man den betrüblichen Auftritt noch mit dem frisch in den Knochen steckenden Schock erklären. Inzwischen aber sollten sich die Leute doch etwas berappelt haben. [↩]
- Könnte man nicht Wikileaks nutzen? Würde denen auch ein paar Pluspunkte in der Bevölkerung verschaffen… Andererseits haben die Leute von xtranews auch recht: „Aber wollen wir wirklich eine Welt, wo solche Dokumente nur noch anonym veröffentlicht werden können, weil selbst ernannte Aufklärer mit befreundeten Anwälten sonst alles in Grund und Boden klagen? Wollen wir akzeptieren, dass hier Steuergelder verwendet werden um Informationen zu unterdrücken, die öffentlich sein müssen?“ [↩]
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