Ehrensold

„Achtung Frust“ – basiert auf Lightning-Icon von brsev (http://brsev.deviantart.com/), CC-by-nc

Jetzt hat der Wulff seinen Ehrensold bekommen. Wie praktisch, daß das das Bundespräsidialamt entscheidet, dessen Chef er selber eingesetzt hat.1 Ich finde die ganze Sache eine Sauerei, vor allem in der Verbindung mit dem Wortbestandteil „Ehren-“. Als Konzept ist „Ehre“ zwar eh etwas eigen, und es hat irgendwie einen „gut deutschen“ Beigeschmack, aber es umfasst einen notwendigen Bestandteil, den Wulff völlig missen lässt: Anstand. Der hätte es Wulff geboten, auf den Ehrensold freiwillig zu verzichten oder zumindest bis zum Abschluß des Verfahrens zu warten.2 Nun, als ich mich dann wieder beruhigt hatte, habe ich einen Fehler gemacht.

Ich habe versucht, mir diese 199000€ ins Verhältnis zu setzen.

Gute anderthalb Jahre dieses Ehrensolds würden ausreichen, um den an unserem Lehrstuhl angesiedelten Teil des fünfjährigen Forschungs­projekts, in dem ich arbeite, zu finanzieren. Oder anders gesehen, pro Jahr könnte man drei solcher Teilprojekte fördern. Und da ist der Dienstwagen samt Fahrer noch nicht eingerechnet. Das würde uns sehr zupaß kommen, schließlich haben wir keinen Dienstwagen, geschweige denn einen Fahrer.

Noch gruseliger, aber da hat das Land Brandenburg kräftig Mitschuld, ist der Vergleich mit unserem Lehrstuhlbudget. Die Zuweisung für Sachmittel letztes Jahr betrug 2466,05€, und für studentische Hilfskräfte nochmal 500€. Wenn man beides zusammenrechnet, könnte man uns fast siebzig Jahre damit versorgen (Inflation nicht eingerechnet), oder ebenso viele Lehrstühle (die BTU hat zur Zeit 119 Professoren) ein Jahr lang versorgen.3 Und wieder ist das Auto nicht mit eingerechnet.

Was soll man dazu sagen, außer den Satz, von dem ich mir endlich mal Stempel, Stencil und Tastaturmakro machen sollte:

Wenn die Welt nicht so schön wäre, könnten wir alle zu Zynikern werden.

Paul Auster, Moon Palace


  1. Auch der heutige Kommentar bei radioeins widmet sich der Sache, u.a der feinen Unterscheidung zwischen juristischen und politischen Rücktrittsgründen, über die man sich sicher trefflich streiten kann. []
  2. Würde der Ehrensold mit einem für den Gesetzgeber eher typischen trockenen Wort wie „Präsidialruhestandszulage“ bezeichnet, wäre die Empörung vermutlich nicht so groß. []
  3. Das ist natürlich stark vereinfacht, weil nicht alle Professoren der BTU zweiter Klasse sind. Einige bekommen deutlich mehr Zuweisungen. []

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